Autor: paulwunderlich

  • Antirassistischer Aktionstag

    Mach mit beim antirassistischen Aktionstag!

    Der 20. Juni ist Weltgefüchtetentag. Das nehmen wir zum Anlass, um auf die Situation von Flüchtenden und die Missstände in der Migrationspolitik aufmerksam zu machen, denn allein im Mittelmeer sind von 2016 bis 2020 über 13 000 Menschen verschwunden.

    2020 befanden sich über 82 Millionen Menschen auf der Flucht. Doch trotz des grundlegenden Menschenrechts auf Asyl sind die Fluchtrouten und Realitäten viele Geflüchteten alles andere als menschenwürdig; nicht zuletzt aufgrund rassistischer Praktiken an den Außengrenzen, in Ländern des globalen Südens, aber auch innerhalb Deutschlands mit stark diskriminierenden Asylverfahren und fortwährenden Alltagsrassismus.

    Dagegen möchten wir gemeinsam kämpfen, denn Rassismus geht uns alle an!

    Beteiligt euch also mit eurer Ortsgruppe am Antirassistischen Aktionstag der GRÜNEN JUGEND und tragt unsere Forderungen in eure Stadt!

    Zu den verschiedenen Aktionsformaten zählt unter anderem eine Plakatieraktion und eine Fotoaktion für eure Social-Media-Kanäle.

    Neben den genannten Aktionsformaten, um unsere Forderungen auf der Straße und im Netz zu verbreiten, gibt es auch Material, um den Themenschwerpunkt des Antirassistischen Aktionstag beim nächsten Treffen in eurer Ortsgruppe zu besprechen.

    Alle Details und Vorlagen für alles was ihr dafür braucht bekommt ihr rechtzeitig von uns zugeschickt. Meldet euch als Ortsgruppe jetzt bis zum 5. Juni an

    Lasst uns den Weltgeflüchtetentag nutzen um zu zeigen: Antirassismus geht uns alle an!

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  • Unser Blick auf den Koalitionsvertrag!

    Die Ampel-Koalition ist nicht das Bündnis, das wir uns gewünscht haben. Der Koalitionsvertrag erfüllt an vielen Stellen, beispielsweise in der Klima- und vor allem in der Sozialpolitik, nicht die gesellschaftlichen Notwendigkeiten.

    Doch der Koalitionsvertrag eröffnet Möglichkeitsfenster für konkrete Verbesserungen für eine solidarischere Politik. Nach einer langen und intensiven Debatte auf unserem Länderrat, empfehlen wir daher unseren Mitgliedern die Zustimmung zum Koalitionsvertrag. Davon bleibt unberührt, dass jedes Mitglied eine freie und selbstbestimmte Entscheidung unter Beachtung der erfolgten Auswertung treffen kann.

    Dies verknüpfen wir mit klaren Erwartungen und dem Vorhaben zusammen mit der Zivilgesellschaft für all die Projekte, die wir bisher nicht erkämpfen konnten, den Druck auf die Regierung hochzuhalten und für diese gesellschaftliche und politische Mehrheiten zu schaffen.

    Den ganzen beschlossenen Antragstext findet ihr hier:

    Erfolge umsetzen – neue Möglichkeiten erkämpfen

    Am Mittwoch wurde der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgestellt. Unter dem Titel „Mehr Fortschritt wagen“ haben die drei Parteispitzen ihre Projekte für die nächsten vier Jahre vorgestellt. Als Grüne Jugend haben wir beim 55. Bundeskongress festgelegt, was wir von einer zukünftigen Regierung erwarten. Sie muss die Krisen unserer Zeit angehen, statt sie weiter zu verschärfen. Sie muss soziale Politik zum Grundpfeiler des Regierungshandelns machen, konsequent Menschen vor menschenunwürdigen Zuständen schützen und selbstverständlich den 1,5-Grad-Pfad einhalten.

    Wir fordern: Spürbar mehr!

    Wir haben auf dem 55. Bundeskongress beschlossen, dass ein Mitregieren von Bündnis 90/Die Grünen kein Selbstzweck ist. Wir unterstützen eine Regierungskoalition nur dann, wenn sich sowohl im Leben der Menschen spürbar etwas verbessert und die Klimakrise konsequent angegangen wird. Das muss unserer Maßstab sein, an dem wir das Regieren der Ampel messen werden.

    Der Blick in den Vertrag

    Klima

    Im Koalitionsvertrag finden sich einige Maßnahmen, die im Klimabereich für längst notwendige Verbesserungen sorgen werden. Mit einem ehrgeizigen Ausbauziel für die erneuerbaren Energien und einem Kohleausstieg bis 2030 sind wir auf
    einem guten Weg. Jedoch fehlt ein schneller und konsequenter Rückzug aus klimaschädlichen Subventionen. Im Verkehrsbereich wird fast ausschließlich auf E-Autos statt auf eine echte Verkehrswende gesetzt. Eine zeitlich verbindliche
    Abkehr vom Verbrennungsmotor findet sich nicht im Koaltitionsvertrag. Wenn diese Regierung es nicht schafft, das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten, ist sie gescheitert. Ob im Rahmen des Koalitionsvertrags das 1,5-Grad-Limit eingehalten werden kann, ist offen, aber im Gegensatz zu vergangenen Regierungen möglich. Die verankerten Verbesserungen sind deswegen möglich, weil wir es als Klimabewegung es in den letzten Jahren geschafft haben, großen Druck aufzubauen, der politische Veränderung notwendig macht. Und genau deswegen bleibt Klimagerechtigkeit auch in Zukunft Handarbeit! Wir werden weiter für 1,5-Grad-Politik kämpfen und dafür sorgen, dass versprochene Maßnahmen auch umgesetzt werden.

    Soziales

    In diesem Bereich konnten einige Erfolge erzielt werden, die wir als GRÜNE JUGEND in unserer Gerechtigkeitskampagne gefordert haben. Es soll eine Ausbildungsplatzgarantie geben, der Mindestlohn auf 12€ steigen und endlich eine Bafög-Reform umgesetzt werden. Außerdem können Kinder und Jugendliche mit der Kindergrundsicherung leichter aus Armut kommen.

    Trotzdem werden die Grenzen einer Ampel-Koalition in Gerechtigkeitsfragen schnell ersichtlich. Obwohl es klare gesellschaftliche Mehrheiten für eine Entlastung niedriger Einkommen und eine höhere Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen gibt, wurde dieser Punkt bereits in den Sondierungen abgeräumt. Das ist kein Zufall: Der Kampf für mehr Gerechtigkeit ist ein Konflikt zwischen oben und unten. Wer die Privilegien der Wenigen nicht antasten will, schafft keine Gerechtigkeit für die Vielen.

    Auch dringend benötigte Investitionen in Infrastruktur, bezahlbares Wohnen, Bildung und den Umbau der Wirtschaft werden nur mittels Fonds angegangen. Zwar sollen mehr Gelder fließen, doch eine Abkehr von der Schuldenbremse ist nicht in Sicht. Damit legt man sich selbst Steine in den Weg. Wenn wir jetzt nicht investieren, machen wir Schulden für die Zukunft. Wir werden die Koalition daran messen, ob sie es schafft, die notwendigen Investitionen für unsere Zukunft
    wirklich zu realisieren.

    Es wird eine Hartz-IV-Reform geben, aber solange die Regelsätze unter dem Existenzminimum liegen, und die Sanktionen nicht fallen, ist von einer Abschaffung nicht zu reden. Wir konnten erkämpfen, dass es ein Sanktionsmoratorium gibt, dass das Einkommen junger Menschen in Bedarfsgemeinschaften nicht mehr angerechnet wird und dass nicht mehr jeder Job
    angenommen werden muss. Wir haben es als politische Linke jedoch nicht geschafft, dafür zu sorgen, dass niemand mehr unter dem Existenzminimum leben muss. Das ist eine Niederlage.

    Die Mieten steigen seit Jahren vielerorts in Höhen, die sich immer mehr Menschen schlicht nicht leisten können. Um die Vertreibung aus Ballungszentren konsequent zu überwinden, brauchen Länder Möglichkeiten, eigenständige Maßnahmen zur Deckelung von Mieten zu beschließen. Dass man den Ländern diese Möglichkeiten nicht einräumt, ist ist ein fatales Zeichen für Mieter*innen und geht an der Wirklichkeit dieser Notlage vorbei. Die Mietpreisbremse wird schärfer, aber nicht scharf genug, um die Lage zu entspannen. Der Prüfauftrag zur Anwendung des Vorkaufsrechtes in Milieuschutzgebieten, ist zwar begrüßenswert, genügt aber alleine nicht, um die Mieter*innen vor den Kräften des freien Marktes zu schützen. Bestehende Gesetzeslücken müssen zeitnah geschlossen werden. Mieter*innenbewegungen zeigen, wie zuletzt Deutsche Wohnen & Co. Enteignen in Berlin, in immer mehr Städten, dass Wohnraum kein Mittel für immer mehr Rendite ist, sondern unsere Grundversorgung. Eine sozialgerechte Bodenordnung, die der ständigen Explosion der Bodenpreise Einhalt gebietet, ist dafür unerlässlich. Als GRÜNE JUGEND werden wir gemeinsam mit allen Mieter*innen nicht ruhen, bis alle ein gutes und bezahlbares Dach über dem Kopf haben.

    Gesellschaft

    Neben der überfälligen Cannabislegalisierung werden unter einer Ampel-Regierung einige wichtige Projekt umgesetzt. Feminist*innen und queerpolitische Aktivist*innen kämpfen seit Jahrzehnten für die Streichung von 219a und die
    Abschaffung des Transsexuellengesetzes. Ihre Kämpfe werden endlich Einzug in die Gesetzgebung finden. Hier zeigt sich, dass wir als politische Linke Erfolge erringen können. Wir konnten gesellschaftliche Mehrheiten so organisieren, dass
    niemand mehr an ihnen vorbeikommt. Auch die medizinische Versorgung für ungewollt Schwangere wird deutlich besser. Was leider auf der Strecke bleibt, sind deutliche Reformen in der Krankenhausfinanzierung und der Arbeitsbedingungen für Pfleger*innen. Hier sind zwar einheitliche Personalbemessungsgrenzen angekündigt, doch wer diese Personalstellen für welchen Lohn füllen soll, bleibt offen. Die im Koalitionsvertrag vorgeschlagenen Maßnahmen werden nicht ausreichen, den Pflegenotstand zu beenden. Es werden sich erst dann mehr Menschen für eine Arbeit in der Pflege entscheiden, wenn sich die Arbeitsbedingungen deutlich verbessern. Dafür streiken Pflegende in vielen Städten; und wir mit ihnen.

    Antirassistische Initiativen werden durch die schnelle Schaffung eines Demokratiefördergesetzes deutlich besser ausfinanziert und gestärkt. Auch unabhängige Polizeibeauftragte und die pseudonyme Kennzeichnungspflicht für
    Bundespolizist*innen sind wichtige Schritte, insbesondere für migrantisierte Menschen, die überdurchschnittlich häufig von Polizeigewalt betroffen sind. Das ist nicht zuletzt ein Erfolg der zahlreichen antirassistischen Initiativen, die in den letzten Monaten aktiv die öffentliche Debatte geprägt haben und mit denen wir uns solidarisieren.

    Antirassistische Politik fängt aber schon dort an, wo Menschen aus ihrer Heimat fliehen müssen und aus Deutschland wieder abgeschoben werden. Wir kritisieren die Pläne für beschleunigte Rückführungen deutlich und stellen uns gegen
    Migrationsabkommen, die das alleinige Ziel haben, Menschen ein sicheres Zuhause zu verweigern und in Lagern unterzubringen. Im Gegensatz zu den ständigen Verschärfungen in den letzten Jahren, gibt es jetzt, dank einer breiten
    gesellschaftlichen Bewegung, einige hart erkämpfte Verbesserungen im Fluchtbereich. Die Abkehr von AnKER-Zentren als Ort der Kasernierung für Geflüchtete und das Ende der Kettenduldungen sind wichtige Schritte für geflüchtete Menschen in Deutschland. Gleiches gilt für den vereinfachten Zugang zur Staatsbürgerschaft und das Aufnahmeprogramm für Menschen aus Afghanistan. Es ist an der Zeit, Menschen aus Afghanistan zu evakuieren, denen wir eine Zukunft und Sicherheit schulden.

    An linken Mehrheiten führt kein Weg vorbei. Aber es gibt auch keine Abkürzung zu ihnen.

    Eine Ampel ist keine ideale Regierung. Im Koalitionsvertrag gibt es nicht so viele Verbesserungen wie gesellschaftlich notwendig wäre. Es geht nicht so schnell voran, wie Menschen es verdient hätten. Diejenigen, die kein Interesse daran haben, dass sich am Status Quo, der die Vermögen und Profite der wenigen schützt, etwas ändert, sind gut aufgestellt. Als gesellschaftliche Linke müssen wir stärker sein, um Konflikte zu gewinnen. Dieser Koalitionsvertrag zeigt wo wir stark sind und wo nicht. Klar ist, dass grüne Verhandler*innen sehr viel dafür gegeben haben, spürbare Verbesserungen für Menschen mit konsequentem Klimaschutz zu vereinen. Doch als politische Linke haben wir es bisher zu selten geschafft, Mehrheiten für soziale Politik zu organisieren, auch wenn sie der Mehrheit der Menschen zu einem besseren Leben verhelfen würde. Dieser Zustand spiegelt sich nicht nur darin wieder, dass es keine linke parlamentarische Mehrheit gibt, sondern auch darin, dass wir es als gesellschaftliche Linke in den letzten Jahren nicht geschafft haben, für soziale Politik und Gerechtigkeitsfragen den gleichen Druck aufzubauen wie in anderen Themengebieten. Wenn wir es nicht schaffen, die soziale Spaltung zu bekämpfen, dann steht der gesellschaftliche Zusammenhalt und damit auch unsere Demokratie auf dem Spiel.

    Das heißt für uns: Soziale Themen müssen in den Mittelpunkt unserer politischen Arbeit rücken. Dazu gehört es auch, jetzt glaubhaft sozialpolitische Verbesserungen in der Regierung umzusetzen, damit Menschen wieder Vertrauen in politische Verbesserungen fassen können. Aber wir als Grüne Jugend müssen uns auch abseits von Regierungshandeln sozialen Fragen annehmen, mit eigenständigen Kampagnen und Projekten gesellschaftliche Mehrheiten organisieren und konkret das Leben vor Ort zu einem besseren gestalten. Mit unserer Gerechtigkeitskampagne zur Bundestagswahl haben wir gezeigt, warum die Bekämpfung der Klimakrise und die Kämpfe gegen Diskriminierung soziale Kämpfe sind. Diesen Kurs konsequent fortzuführen, muss unser Auftrag in den nächsten vier Jahren und darüber hinaus sein.

    Möglichkeiten nutzen

    In der Ampel gibt es wenig Rückschritte und einige, wichtige Verbesserungen. Sie eröffnen ein Möglichkeitsfenster für eine Politik, die das Leben von Menschen verbessern und die unsere Handlungsspielräume für weitergehende Verbesserungen
    erweitern könnte. Wir als Grüne Jugend werden uns nicht gegen den Koalitionsvertrag stellen und empfehlen deswegen unseren Mitgliedern die Zustimmung zum Koalitionsvertrag. Davon bleibt unberührt, dass jedes Mitglied eine freie und selbstbestimmte Entscheidung unter Beachtung der erfolgten Auswertung treffen kann. Dies knüpfen wir aber an klare Erwartungen: Wir erwarten von der kommenden Regierung, gesellschaftliche Notwendigkeiten zu erkennen und die Krisen unserer Zeit entschieden anzugehen. Wenn in den nächsten vier Jahren weiter die Profite der Wenigen über die Bedürfnisse der Menschen und die Einhaltung des 1,5-Grad-Pfades gestellt werden, wird die Ampel-Regierung scheitern.

    Damit das Möglichkeitsfenster für solidarische Politik auch genutzt wird, können wir uns nicht darauf verlassen, dass die kommende Regierung die versprochenen Projekte einfach so umsetzen wird. Wir sind als Verband das Scharnier zwischen
    Bewegung und Parlament. Unsere jungen Abgeordneten werden im Parlament alles dafür geben, die hart erkämpften Maßnahmen umzusetzen und unsere Handlungsspielräume zu erweitern. Und gleichzeitig werden wir gemeinsam mit unseren Bündnispartner*innen bei uns vor Ort, auf den Straßen und in der Öffentlichkeit daran arbeiten, gesellschaftliche Mehrheiten für eine gerechte Politik zu organisieren und zu stärken.

    Erfolge umsetzen – neue Möglichkeiten erkämpfen. Packen wir es an.

  • Klimaschutz, Gerechtigkeit, Solidarität – Unsere Anforderungen an eine neue Regierung

    Immer mehr Krisen und immer weniger Zeit, sie zu lösen: Die Zeit der kleinen Schritte ist vorbei. Die nächste Bundesregierung muss durch einen echten Aufbruch die nötigen Veränderungen für eine lebenswerte Zukunft angehen.

    Mit unserer #ZukunftErkämpfen-Kampagne sind wir mit tausenden Aktivist*innen in den letzten Monaten überall im Land für gerechte Arbeitsbedingungen, konsequente Klimapolitik und Geld für das gute Leben vor Ort auf die Straße gegangen. Wir haben mit verschiedenen Bewegungen für niedrigere Mieten, das Ende des Braunkohleabbaus und die Verkehrswende demonstriert. In so vielen Ortsgruppe wie noch nie waren wir mit unseren Aktionen auf Straßen und Plätzen, kamen mit Menschen ins Gespräch und haben mit unseren Forderungen Debatten geprägt. Überall haben unsere Aktivist*innen auf grünen Listen und in Direktwahlkreisen kandidiert, um die Forderungen der Grünen Jugend bis in den Bundestag zu bekommen. Mit einem stark gewachsenen Verband, mit unseren vielen neuen Abgeordneten und mit den sozialen Bewegungen, Gewerkschaften und der
    Zivilgesellschaft werden wir nun dafür kämpfen, dass wir endlich eine Regierung haben, die im Angesicht der Klimakrise entschlossen handelt und echte soziale Gerechtigkeit in unserem Land schafft.

    Wir fordern nicht weniger als eine Welt, die Zukunft hat. Der Weg dorthin hat gerade erst begonnen.

    Auf geht’s!

    Mit dem Ergebnis zur Bundestagswahl können Bündnis 90/Die Grünen das stärkste Ergebnis ihrer Geschichte einfahren. Bei Menschen unter 30 Jahren sind Bündnis 90/Die Grünen die stärkste Partei geworden, was auch der Verdienst einer starken Grüne Jugend ist. Wir als Verband können uns über viele junge Abgeordnete aus
    den eigenen Reihen im Bundestag freuen. Das Wahlergebnis ist ein Auftrag an uns, die zukunftszerstörende Politik der letzten Jahre zu beenden.

    Bündnis 90/Die Grünen standen in diesem Wahlkampf durch teils sehr hohe Zustimmungswerte in Umfragen unter einem enormen Erfolgsdruck, dem das tatsächliche Wahlergebnis nur teilweise gerecht werden kann. Dies ändert jedoch nichts an der Notwendigkeit, weiter auf die Straße zu gehen, sich zu organisieren, zu bilden und Druck zu machen für echte Veränderung. Wir sind mehr als Wahlkämpfer*innen, die alle vier Jahre für linke Mehrheiten streiten, sondern ein starker Verband aus jungen Menschen, die Tag für Tag den Status Quo verändern wollen!

    Deutlich wurde, dass dieser Wahlkampf eine andere Dynamik angenommen hat als bei früheren Wahlen: Grüne Ideen, insbesondere für einen sozialen und ökologischen Umbau der Wirtschaft wurden stark unter Beschuss genommen, die Anti-Grünen-Kampagne der neoliberalen Lobbyorganisation “Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft” stellt hierbei nur eines von vielen Beispielen dar.

    Wirkliche Veränderung wird niemals ohne Widerstand möglich sein, sondern muss immer gegen andere Interessen durchgesetzt werden wie den Interessen von großen Konzernen, die auf Profite angewiesen sind und dafür unsere Zukunft auf diesem Planeten gefährden. Deshalb ist es umso wichtiger, sich der Unausweichlichkeit dieses Konflikts in Zukunft noch stärker bewusst zu machen, gemeinsam diesem Gegenwind standzuhalten und mit einer starken, in der Gesellschaft verankerten Linken für echte Veränderung zu kämpfen. Der gewonnene Berliner Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienkonzerne wie Deutsche Wohnen und Vonovia ist dafür ein eindrückliches Beispiel.

    Regierungsauftrag: Krisen lösen!

    Die neue Regierung muss für einen echten Wechsel stehen: Konsequenter Klimaschutz und echte soziale Gerechtigkeit müssen zwingend zusammengebracht werden. Wichtige Investitionen in die Zukunft dürfen nicht am Dogma der Schwarzen Null scheitern.

    Die Union hat im Wahlkampf gezeigt, dass sie für zukunftsfeindliche Politik steht. Sie stellen die Profite der Wenigen über die Interessen der Vielen. Sie hat keine Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit. Dafür wurde sie
    abgewählt. Dem Wahlverlierer zur Kanzlerschaft zu verhelfen ist aus unserer Sicht keine Option. Es gibt nicht einen Grund für Jamaika – aber viele Gründe dagegen. Für uns kommt eine Jamaika-Koalition nicht in Frage.

    Mit der SPD gibt es starke inhaltliche Überschneidungen, die eine gute Grundlage für die anstehenden Verhandlungen bilden. Die Gemeinsamkeiten müssen in einer möglichen Koalition deutlich werden und dürfen nicht auf Kosten der Reichen- und Klientelpolitik der FDP verloren gehen.

    Der Regierungsauftrag für die nächste Regierung ist: Krisen endlich zu bekämpfen, statt sie zu verwalten, und Politik für die ganze Gesellschaft zu machen statt für wenige Reiche. Das bedeutet, dass Menschen am Ende des Monats mehr im Geldbeutel haben müssen als bisher und die Klimakrise mit aller Kraft bekämpft werden muss.

    Ein Mitregieren von Bündnis 90/Die Grünen ist kein Selbstzweck. Wenn sie in eine Regierung eintritt, muss sie den Stillstand beenden. Wir unterstützen eine Regierungskoalition nur dann, wenn sich sowohl im Leben der Menschen spürbar etwas verbessert als auch die Klimakrise konsequent angegangen wird.

    Jede Koalition wird sich daran messen lassen müssen, ob sie die Stillstandspolitik der letzten Jahre beenden und den Weg zu einer gerechteren Zukunft bauen wird. Dafür stellen wir an jeden Koalitionsvertrag klare
    Erwartungen, die in der Regierung umgesetzt werden müssen.

    Das Klima verträgt keine Kompromisse!

    Die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens muss Bedingung jeder Koalition sein. Daraus ergeben sich zwangsläufig tiefgreifende politische Veränderungen und ein massives Umsteuern in der Klimapolitik. Dafür müssen in allen Bereichen und Sektoren deutliche Fortschritte erreicht werden. Der 1,5-Grad-Pfad und das völkerrechtlich bindende Pariser Klimaschutzabkommen kann dabei nur mit einem Kohleausstieg 2030 eingehalten werden. Der CO2-Preis muss bei einem vollständigen sozialen Ausgleich deutlich steigen. Die nächste Bundesregierung muss zudem die Weichen für die längst überfällige Verkehrswende stellen. Statt weiter Milliarden in unsinnige Autobahnprojekte und klimaschädliche Subventionen zu stecken, braucht es eine Investitionsoffensive in Busse, Bahnen und Radwege. Mobilität darf dabei keine Frage des Geldbeutels sein, sondern muss für alle erschwinglich werden.

    Marktmechanismen alleine werden das Klima nicht retten: Ein gemeinsamer Koalitionsvertrag muss für alle Bereiche konkrete und wirksame Maßnahmen enthalten, die sicherstellen, dass wir die Pariser Klimaziele am Ende der
    Legislaturperiode noch erreichen können. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass Klimaneutralität in Deutschland nicht durch Auslagerung der Emissionen und Produktionsfolgen in den Globalen Süden erreicht wird.

    An der Einhaltung des 1,5-Grad-Pfades führt kein Weg vorbei.

    Soziale Gerechtigkeit als Grundpfeiler jeder zukünftigen
    Regierung

    Bündnis 90/Die Grünen sind mit dem Versprechen angetreten, Klimaschutz und Gerechtigkeit zu verbinden. Das gilt es in einer grünen Regierungsbeteiligung konsequent einzulösen und Armut zu beenden. Deswegen ist für uns klar, dass die neue Bundesregierung den Mindestlohn so schnell wie möglich auf mindestens 12€ anheben muss, ohne Ausnahmen. Die Unterschiede im Lohn- und Rentenniveau zwischen Ost- und Westdeutschland müssen entschieden angegangen werden. Gerade junge Menschen, die eine Ausbildung machen, brauchen eine sichere Zukunftsperspektive. Eine Ausbildungsplatzgarantie und eine höhere Ausbildungsplatzvergütung sind dafür ein wichtiger erster Schritt. Auch braucht es endlich eine Reform der Grundsicherung um Armut zu beenden: Hartz IV muss in den nächsten 4 Jahren überwunden werden. Als erste Sofortmaßnahmen muss der Regelsatz um mindestens 50€ erhöht und Sanktionen endlich abgeschafft werden. Mehrbelastungen durch den CO2-Preis müssen auch über das Energiegeld hinaus kompensiert werden und zwar nicht im nachhinein, sondern direkt. Eine Kindergrundsicherung ist wichtig, um die Familien am stärksten zu unterstützen, die am wenigsten haben.

    Die Mietpreise sind für viele Menschen in den Städten kaum mehr zu bezahlen. Sowohl die starken Stimmengewinne von SPD und Grünen, die mit klaren Forderungen zur Begrenzung von Mietpreisen angetreten sind, als auch die über 1.000.000 Stimmen für die Vergesellschaftung von Wohnraum, sind ein deutliches Zeichen:
    Die Menschen wollen einen Paradigmenwechsel in der Mietenpolitik. Das Leben vieler Menschen wird besser durch eine Deckelung und Begrenzung von Mietpreisen und eine stärkere Förderung der Schaffung günstigen Wohnraums in öffentlicher und genossenschaftlicher Hand.

    Wenn wir soziale Gerechtigkeit für alle Menschen anstreben, bedeutet dies auch Gesundheit und Pflege für alle Menschen gleichermaßen zu ermöglichen. Im aktuellen System werden allerdings die Profite Einzelner über die Gesundheit der Vielen und das Wohl der Beschäftigten im Gesundheitssektor gestellt. Deshalb müssen wir jetzt die Weichen stellen für einen Strukturwandel im Gesundheitssystem mit gerechter Finanzierung, ohne Fallpauschalen, mit einer Bürger*innenversicherung und mit der Deckelung von Eigenanteilen in der stationären Langzeitpflege. Gleichzeitig müssen wir besonders die Pflege als Beruf fördern, indem wir für bessere Löhne, Arbeits- und Ausbildungsbedingungen sorgen. Dafür braucht es eine gesetzliche Personalmessung in allen Bereichen der
    pflegerischen Versorgung und politisches Mitbestimmungsrecht auf allen Ebenen.

    Es sind Frauen, trans Personen, Menschen mit Migrationsgeschichte, und Menschen mit Behinderung, die die miesesten Löhne bekommen, um deren Gesundheit sich am wenigsten gekümmert wird und die auf dem Arbeits- und Mietmarkt diskriminiert werden. Gerade deswegen muss die nächste Bundesregierung soziale Fragen und
    Fragen von Antidiskriminierung zusammen denken.

    Menschenrechte sind keine Verhandlungsmasse – Freiheit
    verteidigen!

    Die Ära Merkel ist beendet, doch das Leid an den europäischen Außengrenzen bleibt. Nachdem die letzten Bundesregierungen jahrzehntelang Asylrechte verschärft, Abschiebungen forciert und auf europäischer Ebene Druck für eine rassistische Abschottungspolitik gemacht haben, ist es dringend an der Zeit für eine Asylpolitik, die Schutz und Sicherheit von Menschen in den Fokus rückt. Die Kriminalisierung von Seenotrettungsorganisationen muss auf europäischer Ebene beendet, Massenlager aufgelöst und illegale Pushbacks beendet werden. Es braucht
    sichere und legale Fluchtwege und erhöhte Aufnahmekapazitäten für Schutzsuchende. Kein „Sicherer Hafen“ darf mehr an der Aufnahme von Geflüchteten gehindert werden. Kurz: Menschenrechte müssen sofort in den Mittelpunkt deutscher Politik gerückt werden. Das bedeutet auch, Angriffskriege wie den türkischen Angriff auf Rojava nicht länger zu akzeptieren und Konflikte nicht mit deutschen Rüstungsexporten weiter zu befeuern.

    Migration und eine vielfältige Gesellschaft sind kein Sicherheitsproblem. Die Bereiche Migration und Flucht sollen mit anderen Themen einer vielfältigen Gesellschaft aus dem Innenministerium herausgelöst werden.

    Es braucht eine feministische Bundesregierung: Dazu gehört mehr als Frauen in Spitzenpositionen und ein quotiertes Kabinett, sondern endlich auch gleiche Löhne für gleiche Arbeit und eine konsequente Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, inter und trans Personen. Außerdem müssen Schwangere endlich selbst über
    ihren eigenen Körper entscheiden können und Ärzt*innen frei über die Möglichkeiten des Schwangerschaftsabbruchs informieren, statt dafür kriminalisiert zu werden!

    Die Selbstbestimmung von inter und trans Personen ist längst überfällig, wurde jedoch bisher immer wieder von Konservativen blockiert. Eine neue Bundesregierung muss das diskriminierende Transsexuellengesetz abschaffen und endlich die Selbstbestimmung über den eigenen Körper vollumfänglich ermöglichen. Hier geht es um ein Menschenrecht!

    In Sachsen und Thüringen wurde die AfD stärkste Kraft. Das und die rechtsterroristischen Anschläge der letzten Jahre müssen Folgen haben: Die Verharmlosung von Rechtsradikalismus muss enden. Die nächste Bundesregierung
    muss den Kampf gegen rechts endlich ernst nehmen, Opfer und Betroffene rechter Gewalt unterstützen und die wichtige Arbeit von zivilgesellschaftlichen Initiativen nicht länger kriminalisieren, sondern mit einem
    Demokratiefördergesetz unterstützen.

    Zugleich müssen rechte Tendenzen in den eigenen Sicherheitsbehörden konsequent aufgedeckt und bekämpft werden. Es braucht grundlegende Reformen bei Polizei und Verfassungsschutz, um die dortigen strukturellen Probleme zu beseitigen und eine rechtsstaatliche Kontrolle der Institutionen sicherzustellen, was auch den Abbau
    der Überwachungsmaßnahmen beinhaltet. Die nächste Regierung muss eine Regierung der Bürger*innenrechte werden.

    Für eine neue Bundesregierung gibt es viel zu tun. In den nächsten vier Jahren wird sich zeigen, ob Politik wieder für Menschen gemacht wird und die Weichen Richtung Zukunft gestellt werden. Eine grüne Regierungsbeteiligung kann nötige Veränderung anstoßen, wird das aber nicht allein schaffen. Wir müssen als Grüne Jugend auf der Straße, mit Bündnissen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen laut sein für radikalen Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und eine Gesellschaft der Vielen. Lasst uns in den nächsten vier Jahren alles geben und eine Welt
    bauen, die Zukunft hat!

  • Her mit den Arbeitsplätzen der Zukunft!

    Die Gesellschaft klimaneutral umbauen: Was aus ökologischer Perspektive zwingend notwendig ist, löst auf der Seite der Beschäftigten in betroffenen Industrien teils heftige Befürchtungen aus. Und die sind durchaus berechtigt: Zu oft mussten Arbeiter*innen in der Vergangenheit feststellen, dass sie beim notwendigen Wandel einfach hinten runterfielen. Und auch in den aktuellen Debatten um das Ende von Verbrennungsmotoren, Braunkohleverstromung oder Kurzstreckenflüge fehlt es bislang an Konzepten, die sicherstellen, dass der Wandel nicht auf dem Rücken der Lohnabhängigen ausgetragen wird. Dieses Papier ist ein Versuch, diese Lücke zu schließen und damit den Weg zu ebnen für einen Aufbruch, der das notwendige Tempo im Kampf gegen die Klimakrise mit den notwendigen Sicherheiten für die Beschäftigten zusammenbringt.

    Es könnte so viel besser sein

    Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes der letzten 20 Jahre ermöglichte ein Wirtschaftswachstum, dessen Preis wir alle zahlen: 13 Millionen Menschen in Deutschland leben in Armut, darunter 2,8 Millionen Kinder. Jede*r Fünfte arbeitet im Niedriglohnsektor und befindet sich damit knapp über der Armutsgrenze oder sogar darunter. Diese Unsicherheiten wirken sich auf die gesamte Gesellschaft aus: Menschen werden an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt. Vermögen sind so ungleich verteilt, wie seit 1913 nicht mehr und mit geringerem Einkommen und schlechter Absicherung entsteht Unsicherheit vor jeder weiteren Veränderung der Arbeitswelt. Andererseits wissen wir heute sehr genau, wie katastrophal ein „Weiter so“ für den Planeten wäre. Dass es für Klimaneutralität einen schnellen und tiefgreifenden Umbau der Industrie braucht, steht außer Frage.

    Wir haben alle Möglichkeiten in der Hand: Die Technologien sind da, die Arbeitskraft ist da, der entsprechende Handlungsdruck ist da –und der Zinssatz war noch nie so gut für Investitionen wie heute. Was fehlt, ist ein Plan, wie wir diesen Wandel so organisieren, dass niemand zurückgelassen wird.

    Schaffen wir Arbeitsplätze, die Zukunft haben

    Unsere Gesellschaft zukunftsfähig zu machen, schafft neue Jobs und neuen Wohlstand. Dafür braucht es einen klaren Fahrplan:

    • Maßgabe dafür muss sein, dass für die Beschäftigten der fossilen Industrien neue Jobs mit vergleichbaren Tarifbedingungen geschaffen werden: Eine solche Status-Garantie gibt die notwendige Sicherheit, um optimistisch auf den Wandel blicken zu können. Die Nachfrage dafür ist ohnehin da: Eine umfassende, tiefgreifende Verkehrswende wird in der Branche einen Job-Boom auslösen. Züge und Trassen müssen gebaut und gewartet werden, vernetzte Mobilität muss organisiert und Batterien hergestellt, geladen und recycelt werden. Um Städte autofrei zu machen, muss das gesamte Verkehrssystem nach und nach umgeplant, freiwerdende Flächen umgewidmet und Fahrzeugführer*innen ausgebildet werden. Damit all diese neuen Jobs garantiert langfristig und gut bezahlt sind, muss der Staat entsprechende Rahmenbedingungen schaffen – oder sie selbst bereitstellen. Die öffentliche Versorgung mit Grundbedürfnissen wie Mobilität ist ein öffentliches Interesse, also muss es auch öffentlich sichergestellt werden: Durch öffentliche Aufträge oder unbefristete Stellen bei bundeseigenen Agenturen und Behörden können Hochgeschwindigkeitstrassen, neue Bahnhöfe und Radschnellwege überall dort entstehen, wo sie gebraucht werden.
    • Damit einhergehend muss eine deutliche Arbeitszeitverkürzungbei vollem Lohnausgleich eingeführt werden, die dem technischen Fortschritt gerecht wird: Heute erledigen KI, Maschinen und Computer einen großen Teil unserer Arbeit. Wir müssen immer weniger arbeiten, um dennoch immer bessere Produkte in immer kürzerer Zeit zu produzieren. Die Arbeitszeit muss in gleichem Maße sinken, um bessere Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten zu ermöglichen.
    • Die dafür erforderlichen Um- und Weiterbildungsmaßnahmen sind ein zentrales Element für die Frage, ob der Wandel gelingt. Die Anforderungen an Beschäftigte ändern sich immer schneller. Um Schritt halten zu können, braucht es ein ambitioniertes Bundesweiterbildungsgesetz, das den Anspruch auf Weiterbildung garantiert und die betriebliche und tarifliche Mitbestimmung sichert. Aufbauend auf einer möglichst breiten Grundausbildung müssen Schulungsprogramme und systematische Fortbildungen speziell für Arbeiter*innen der Automobilindustrie geschaffen werden, die ihr Angebot stark an der jeweiligen Nachfrage vor Ort orientieren. Auch der Wechsel zu Hochschulen oder in völlig fachfremde Branchen muss erleichtert werden.
    • Ein besonderer Fokus muss dabei auf die Regionen gelegt werden, in denen momentan besonders viele Menschen in den alten Industrien beschäftigt sind. Wir müssen gezielte Offensiven für klimagerechten Umbau starten: In Wolfsburg, Ingolstadt oder Stuttgart sind Arbeitskraft und Infrastruktur bereits da – dieses Potential gilt es zu nutzen, indem neue Produktionsstätten vorrangig dort angesiedelt werden, wo bisher Diesel und Benziner vom Band rollten. So können wir nachhaltige Clusterpolitik gestalten und zusammen mit Kommunen und Ländern die sozial-ökologische Transformation und neue Visionen in alte Industriestandorte bringen. Dafür braucht es langfristige Anreize und Förderprogramme: Schon einmal stand beispielsweise die Lausitz kurz vor einem Wandel vom Kohlerevier zum Hotspot der Solarindustrie – doch die Bundesregierung ließ die aufkommende Branche sterben, bevor sie richtig Fuß gefasst hatte. In der Wind-und Solarindustrie wurde in den letzten Jahren zehntausende zukunftsfähige Arbeitsplätze vernichtet. Diese Fehler dürfen sich nicht wiederholen. Wie es anders geht, zeigt die Bahn gerade in Cottbus: Dort schafft die DB 1.200 neue Arbeitsplätze für ein Instandhaltungswerk und kooperiert dafür eng mit der LEAG, um den Beschäftigten nach dem Kohleausstieg eine Perspektive zu bieten. Damit der Wandel gelingt, braucht es Transformationsräte, die die Mitgestaltung von Zivilgesellschaft und Sozialpartnern sicherstellen.
    • Und natürlich braucht es Sicherheiten: an erster Stelle muss stehen, Menschen aus der Armut zu holen – ob mit Job oder ohne. Millionen Menschen sind auf Arbeitssuche und unfreiwillig arbeitslos. Für sie braucht es eine Jobgarantie, die gut bezahlte Jobs in der Kommune bereitstellt. Sie garantiert Vollbeschäftigung und wirkt zugleich als automatischer Stabilisator für Zeiten wirtschaftlichen Abschwungs: Je mehr Arbeitsplätze in Unternehmen verloren gehen, desto kräftiger investiert die öffentliche Hand in Jobs vor Ort. So hebt der Staat automatisch Arbeitsbedingungen und Löhne an.
    • Nötig ist außerdem eine umlagefinanzierte Ausbildungsgarantie, die sicherstellt, dass jeder junge Mensch eine Ausbildung findet, die zu ihm passt und ihm die Chance gibt, einen Beruf zu lernen, den es in der Zukunft auch noch gibt. Um gewappnet zu sein für sich immer schneller verändernde Anforderungen, muss die Ausbildung breit und umfassend sein. Das Erfolgsmodell Duale Ausbildung muss gestärkt werden.
    • Ergänzend muss eine sanktionsfreie Grundsicherung dafür sorgen, dass die Existenz jedes Menschen gesichert ist. Das bisherige Arbeitslosengeld ist unerträglich niedrig und zwingt so Menschen in unwürdige, ausbeuterische Jobs – denn selbst die sind oft besser als Hartz 4. Eine Grundsicherung von mindestens 1.100 € verschafft die Chance auf ein Leben in Würde.
    • Ein Mindestlohn von langfristig 15€ ohne Ausnahmen ist die notwendige Untergrenze, um Altersarmut und Dumpinglöhne zu verhindern und den größten Niedriglohnsektor Europas ein für alle Mal auszutrocknen. Damit Einkommen über den Mindestlohn hinaussteigen können, muss die Bindung an Tariflöhne gestärkt werden.
    • Unstrittig ist, dass die Gesellschaft von all diesen Maßnahmen zwar immens profitiert, dafür kurzfristig, aber enorme Investitionssummen nötig werden. Doch auch hier sind die Voraussetzungen günstig. Ein Ende der Schuldenbremse würde besonders jetzt in Zeiten der Krise eine Investitionsoffensive ermöglichen. Investieren wir jetzt in unsere öffentliche Infrastruktur: Schienen, Schulen, Kommunen, Netzausbau, Digitalisierung und vieles mehr. So schaffen wir neue Jobs und kurbeln die Wirtschaft an. Die Coronakrise hat gezeigt, dass der Staat kein Finanzierungsproblem hat. Derzeit kann das Staatskonto mitdem Verkauf von Staatsanleihen zu negativen Zinsen sogar gefüllt werden.
    • Trotzdem sollte eine zweite Finanzierungsquelle schon allein aus Gerechtigkeitsgründen nicht außer Acht gelassen werden: Extreme Vermögen haben sich durch die Pandemie noch einmal zusätzlich vermehrt. Einer Vermögensabgabe zur Finanzierung des wirtschaftlichen Umbaus und eine Erbschaftssteuer ab einer Million Freibetrag wären wichtige Beiträge, um extreme Vermögensanhäufung zumindest im Zaum zu halten.

    Vor uns liegen so viele Chancen: Mit diesen Maßnahmen können ehemalige Autostädte in den kommenden Jahren zu Motoren von Zukunftstechnologien werden. Das sprunghaft angehobene Lohnniveau kann den Niedriglohnsektor austrocknen und ermöglicht mehr Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Die im Rahmen der Jobgarantie geschaffenen Arbeitsplätze in den Kommunen machen das Leben vor Ort lebenswerter und schaffen mit Renaturierungsmaßnahmen auch Stück für Stück artenreiche und hochwassersichere Flussläufe, klimaresistente Mischwälder, wiedervernässte Moore als CO2-Senken und Naherholungsgebiete für alle. Neue finanzielle Sicherheiten schaffen Zusammenhalt und ermöglichen Menschen einen positiven Blick auf die Zukunft.

    Zukunft passiert nicht einfach so

    Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit könnte größer kaum sein: Zukunftsbranchen wie die Wind-, die Bahn-und die Solarindustrie entlassen tausende Angestellte, weil der Ausbau von der GroKo politisch ausgebremst wird. Im kompletten Jahr 2020 wurden exakt 0 Kilometer bundeseigene Bahnschienen fertiggestellt. Und der Zustand unserer Luft, Böden und Gewässer ist derart katastrophal, dass er seit Jahren gegen EU-Recht verstößt und nun immer öfter Gerichte eingreifen müssen, wo Regierungen versagen.

    Es bleibt also viel zu tun, doch die Chance für einen echten Aufbruch ist da: Immer mehr Menschen werden aktiv, soziale Bewegungen gewinnen an Einfluss und einst getrennte Kämpfe von Klimaaktivist*innen und Gewerkschafter*innen wachsen mehr und mehr zusammen. Noch werden soziale und ökologische Fragen meist gegeneinander ausgespielt, doch das muss nicht so sein: Bringen wir es zusammen!